Pressemitteilung zu dem entführten ezidischen Mädchen im Irak am 09.01.2013

Die Gesellschaft Ezidischer AkademikerInnen (GEA) ist zutiefst besorgt um die jüngste Entführung eines 11-jährigen ezidischen Mädchens am 09.01.2013 aus dem kleinen Dorf Shexkha, Al Qusch (Nordirak). Ihr Entführer ist 20 Jahre alt und gehört der islamischen Religionsgemeinschaft an. Das Mädchen lebte bis zu ihrer Entführung bei ihrer Familie. Das schutz- und wehrlose Mädchen wurde über Nacht einfach von ihrer Familie entrissen. Sie ist massiv traumatisiert; ihr Entführer hat sie inzwischen nach islamischem Recht zur Heirat gezwungen. Die Familie des Mädchens ist schockiert, hilflos und alleingelassen, ohne jegliche staatliche Hilfe. Die GEA verurteilt diesen Vorfall aufs Schärfste! Es ist nicht das erste Mal, dass ezidische Kinder und Frauen von ihren muslimischen Nachbarn entführt und missbraucht werden. Damit muss endlich Schluss sein!

 

Trotz zahlreicher Stellungnahmen und Protestaktionen durch Eziden in aller Welt gibt es bislang keine Reaktion von offizieller Seite, weder von der irakischen Regierung noch von der Autonomen Region Kurdistan. Auch das weltliche Oberhaupt der Eziden, Mir Tashin Said Beg, hat bereits drei Stellungnahmen an die offiziellen Stellen rausgeschickt, mit der dringenden Bitte diesen Fall rasch aufzuklären. Der Aufenthaltsort des entführten Mädchens ist bis heute unbekannt. Die GEA fordert schnellstens eine gründliche Aufklärung.

 

Die ezidische Gemeinschaft ist seit Jahrhunderten Verfolgungen und Vertreibungen ausgesetzt. Weltweit leben schätzungsweise etwa eine Million Eziden. Das Ezidentum gehört zu den friedlichsten und ältesten Religionen der Welt, jedoch ist es zugleich existentiell stark bedroht. Mit größter Sorge beobachtet die GEA die seit Jahren zunehmende Verschlechterung der Situation der Eziden im Irak. Eziden sind ohne jeden Schutz den Repressalien ihrer islamischen Nachbarn ausgesetzt. Es kommt immer wieder zu gewalttätigen Übergriffen gegen Eziden.

 

Die GEA geht von einer geschätzten Zahl von rund 700.000 Eziden im Irak aus. Die irakische Regierung aber auch die Autonome Region Kurdistan haben es bislang sträflich versäumt, die Eziden ausreichend zu schützen. Eziden sind seit Jahren radikalen Moslems wehrlos ausgesetzt. Damit muss endlich Schluss sein! Staatliche Einrichtungen sollten die religiöse Vielfalt als ein bestehendes Faktum nicht nur akzeptieren, sondern auch pflegen und fördern. Diese sollten auch bestrebt sein, Minderheitenrechte zu schützen, um den inneren Frieden, aber auch Freiheit, Toleranz und Solidarität zwischen verschiedenen Religionsgemeinschaften und Ethnien herzustellen.

 

Die GEA fordert von der Irakischen Regierung, der Autonomen Region Kurdistan, dem Präsidenten der Republik Irak, Dschalal Talabani, und den Präsidenten der Autonomen Region Kurdistan, Masud Barzani:

 

  • Eine schnelle und gründliche Aufklärung des Falles mit den dazu gehörigen rechtlichen Konsequenzen für den Entführer und seinen Helfen.
  • Das massiv traumatisierte Mädchen soll schnellstens der Familie übergeben werden.
  • Konsequenten Schutz der Rechte von Kindern und Jugendlichen.
  • Die Minderheitenrechte der Eziden nachhaltig zu sichern und ihnen Schutz und Sicherheit auch in der Verfassung zu garantieren.
  • Konsequenten Schutz von Eziden, ezidischen Einrichtungen und ezidischen Dörfern

 

Wir appellieren an die Menschenrechtsorganisationen und der Weltgemeinschaft, sich für die Rechte der Eziden und anderer Minderheiten im Irak einzusetzen.

 

Wir appellieren an die demokratische Öffentlichkeit so etwas nicht hinzunehmen.

 

Wir appellieren für ein friedliches, tolerantes und solidarisches Zusammenleben aller Völker und Religionsgemeinschaften.